'Ich freue mich auf die Freiheit, das zu machen, was mir sinnvoll erscheint'

Abschied nach 33 Jahren an Berufskollegs in Krefeld: Pfarrer Uwe Kaiser

Pfarrer Uwe Kaiser © privat

Pfarrer Kaiser war mehrere Jahre Assessor des Kirchenkreises sowie Beauftragter für Sekten- und Weltanschauungsfragen.

„Ich habe gerne unterrichtet und fand es gut, mit den Schülern im Austausch zu stehen, ihre Weltanschauung kennenzulernen“, resümiert Pfarrer Uwe Kaiser, der als Berufsschulpfarrer 33 Jahre an Berufskollegs in Krefeld, seit 2003, am Glockenspitz, Religionsunterricht gegeben hat. In den drei Jahrzehnten habe sich seine Rolle gegenüber den Schülern geändert „Ich habe mit 32 angefangen zu unterrichten“, berichtet Kaiser. Am Anfang noch in Position des großen Bruders, sei er über die Vaterrolle inzwischen in die Großvaterrolle gerutscht.

Auch die Weltanschauung der Schüler hat sich in der Zeit sehr verändert: Von den Menschen, die von Religion noch eine Ahnung hatten, zu den Leuten heute, die völlig uninformiert sind. Es gebe viele muslimische Schüler und somit einen stetigen interreligiösen Dialog. Auch eine Multikulti-Klasse hatte er, mit 24 Schülern aus insgesamt 14 Nationen. Eine große Herausforderung für die Lehrer. Festgestellt hat Kaiser, dass der Antisemitismus bei seinen Schülern in den vergangenen Jahren zugenommen habe. Dieser sei ganz unreflektiert von anderen übernommen worden. Er habe im Religionsunterricht den Schülern gezeigt, wie stark der Islam im Judentum wurzele. Das sei für seine Schüler etwas ganz Neues gewesen. Jedoch seien die muslimischen Schüler inzwischen ebenso verweltlicht, säkular, wie die christlichen Schüler. „Die Entwicklung ist ganz ähnlich“, erklärt Kaiser.

In der Schule habe in den vergangenen Jahrzehnten die Einbindung aller Lehrenden in die didaktische Jahresplanung enorm zugenommen – in Konferenzen und Berichte. Der Unterricht mache nur 45 Prozent der Arbeitszeit eines Lehrers aus, habe er in einer Studie gelesen. Auch die staatlichen Relilehrer seien so eingebunden in das System, dass sie kaum Fortbildungen besuchen können. Diese Entwicklung konnte er auch in seiner Funktion als Bezirksbeauftragter des Ev. Kirchenkreises Krefeld-Viersen wahrnehmen. Kaiser hat in 19 Jahren als Bezirksbeauftragter für den Evangelischen Religionsunterricht an Berufskollegs Lehrerfortbildungen organisiert, bei allen Anstellungsverfahren und Staatsprüfungen die Kirche vertreten, stand als Seelsorger Kollegen und Schülern zur Verfügung.

Uwe Kaiser wurde 1952 in Varel bei Oldenburg geboren und studierte Evangelische Theologie in Wuppertal und Bochum. Nach seinem Vikariat in Leverkusen und Köln und Hilfsdienst in Köln,war er dort Gemeindepfarrer in Höhenberg Vingst. 1985 wurde er Berufsschulpfarrer an der Kaufmannsschule Krefeld. Pfarrer Kaiser war von 1997 bis 2001 Assessor des Kirchenkreises (Stellvertreter des Superintendenten) und mehrere Jahre Beauftragter für Sekten- und Weltanschauungsfragen. 33 Jahre gehörte er dem Leitungsgremium des Ev. Gemeindeverbandes Krefeld an, über zehn Jahre im Vorstand.

Traurig ist Uwe Kaiser nicht, dass er nun aufhört mit der Schule und seinen anderen Aufgaben in Kirchenkreis und Gemeindeverband. Nicht vermissen wird er endlose Sitzungen und Konferenzen. „Ich freue mich auf die Freiheit, das zu machen, was mir sinnvoll erscheint“, meint Kaiser schmunzelnd. Langweilig wird ihm nicht werden. Auf gar keinen Fall, dafür ist Kaiser viel zu aktiv und engagiert. „Ich konzentriere mich auf andere Bereiche“, meint Kaiser. „Auf die Telefonseelsorge und die Ausbildung der Ehrenamtlichen, auf Emailberatung und die VeranstaltergemeinschaftWelle Niederrhein, in der ich seit 2017 Vorstandsvorsitzender bin. Bei der Telefonseelsorge so wie auch bei der Veranstaltergemeinschaft ist er bereits seit Jahren aktiv. Er wird auch weitermachen im Vorstand des Europäischen Bibeldialogs in Berlin und einmal im Jahr ein Seminar fürWeltanschauungsfragen organisieren. Und zudem weiter als beratendes Mitglied im Ausschuss für Schule undWeiterbildung der Stadt Krefeld tätig sein.

„Ich freue mich darauf, mehr Zeit zu haben“, bekräftigt Kaiser. „Auch mehr Bücher zu lesen. Da liegt noch ein ganzer Stapel ungelesen herum.“ Seiner Frau Elke hat er versprochen, erstmal sein Arbeitszimmer aufzuräumen mit Beginn des „Ruhe“stands. Dann sehe man weiter. In Urlaub fahren außerhalb der Ferien zum Beispiel. Und: „Zeit für Familie“ ist Uwe Kaiser sehr wichtig. Schließlich ist er auch als Opa stets gefragt, demnächst kommt das sechste Enkelkind.

Uwe Kaiser ist mit Leib und Seele Pfarrer, so hat er neben Schule und Gremienarbeit gerne Gottesdienste,Trauungen und Beerdigungen gehalten. Das will er auch weiterhin tun. Interessant findet Kaiser, dass seine eigene kirchliche Vergangenheit die Zukunft der Kirche sein wird. „Ich habe bereits als Vikar eine eigene Gemeinde betreut“, erinnert sich der Theologe. „Damals waren viele Pfarrstellen unbesetzt, es gab über 200 offene Stellen.“ Dann kam eine Pfarrerschwemme und heute gebe es wieder zu wenige. Das werde die nächste Herausforderung der Kirche sein: Umbau und Konzentration der Kirche bzw. des Pfarrberufs auf dasWesentliche. Der Theologe hatte schon früh Kontakte zu Gemeinden in der ehemaligen DDR – und Jugendbegegnungen durchgeführt, verbotenerweise. Dort habe er gesehen, was auf uns zukommt in der Entwicklung von kirchlicher Arbeit „Das erschreckt mich nicht“, betont Kaiser. „Es ist eine Herausforderung.“ Warum ist Uwe Kaiser Pfarrer geworden? „Darauf habe ich alle fünf Jahre eine andere Antwort“, meint Kaiser und lächelt. „Auf jeden Fall hatte ich einen sehr guten Religionslehrer.“


EVKKV