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Evangelische Kirche würdigt Philipp Melanchthon
Nikolaus Schneider: ''Bildung darf kein Privileg Weniger sein''
Der amtierende Ratsvorsitzende der EKD und Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider, umriss in seinem Festvortrag Person, Werk und Wirkung Melanchthons, der seit 1518 einer der engsten Weggefährten Martin Luthers war. Melanchthon und Luther seien „in erstaunlichem Maße frei von dem damals wie heute verbreiteten Drang, den anderen zu übertrumpfen und den Platz im Rampenlicht vorrangig für sich zu beanspruchen.“ „Dieses einander gerade im Anderssein Wertschätzen und sich über Erfolge des anderen Freuen“, so Schneider, sei „entscheidend für das Gelingen eines gemeinsamen Vorhabens, sei es die Reformation oder seien es Reformen.“
Melanchthon, so der Ratsvorsitzende weiter, sei zudem ein „Brückenbauer und Vermittler“ gewesen. „An ihm können bis in die Gegenwart ökumenische Leidenschaft und die Synthese von Prinzipientreue und geschmeidigem Verhandlungsgeschick Maß nehmen. Ein Melanchthon würde uns nicht nur im evangelisch-katholischen Verhältnis, er würde uns auch als Promotor für die Umsetzung des Verbindungsmodells im deutschen Protestantismus und damit für das Zusammenwirken der lutherischen, unierten und reformierten Kirchen in der Evangelischen Kirche in Deutschland gut tun.“
Am Beispiel Melanchthons verdeutlichte der Ratsvorsitzende den hohen Stellenwert der Bildung für heute: Bildung, so Schneider, müsse mehr sein als „Wissensvermittlung“ und müsse „funktionalistische Verengungen“ hinter sich lassen, denn: „Die Lebenshaltung, das Verständnis des Menschen und der Welt, das Denken über Gott - sie entscheiden darüber, wie wir mit uns selbst und miteinander umgehen. Religiöses und biblisches Wissen sind aus diesem Grund integrierender und orientierender Bestandteil von Bildung.“
Bildung, so Schneider weiter, dürfe „kein Privileg Weniger“ sein. Verstärkte Bildungsanstrengungen dürften nicht bloß eine „gute Idee“ bleiben, sondern brauche „institutionalisierte Formen, damit sie nachhaltig wirken und geschichtsmächtig werden“ könne. Bildung, so der Ratsvorsitzende abschließend, müsse „unsere Sache sein - mit konkreten Folgen.“ Dazu gehören für Schneider „der Einsatz
für den Ausbau der frühkindlichen Bildung, weil gerade in den ersten Lebensjahren die Bildungserlebnisse besonders prägend sind,
für einen gerechten Zugang zur schulischen wie zur universitären Bildung, der soziale Hemmnisse in Bildungsbiographien überwindet,
für die Überwindung falscher Alternativen zwischen Förderung in der Breite und Elitenförderung,
für ein Bildungsverständnis, das neben Fach- und Anwendungswissen auch Orientierungswissen vermittelt und die Persönlichkeitsentfaltung in den Mittelpunkt stellt,
für den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen, weil sowohl die persönliche Bildung als auch das Zusammenleben verschiedener Religionen in einer zunehmend multireligiösen Gesellschaft die Gesprächsfähigkeit in religiösen Fragen brauchen,
für eine an der Universität verortete und vernetzte Theologie, die das Bildungspotential der Heiligen Schrift erschließt und kraftvoll in den interdisziplinären Dialog einbringt.“
Deshalb, so Nikolaus Schneider abschließend, sei nicht nur für Melanchthon damals, sondern auch für uns heute die „Unterscheidung und die Verbindung von Glauben und Wissen ein entscheidendes kirchliches und ein gesellschaftliches Thema.“
Wittenberg / Hannover, 19. April 2010
Pressestelle der EKD
Reinhard Mawick
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