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''Menschenwürde. Nächstenliebe. Zusammenhalt.''
Kirchen setzen Zeichen für Demokratie

Unter dem Motto „Für alle. Mit Herz und Verstand“ rücken die Kirchen die christlichen und gesellschaftlichen Werte „Menschenwürde“, „Nächstenliebe“ und „Zusammenhalt“ in den Mittelpunkt: mit einer breit angelegten Kampagne, die Social-Media-Aktionen und Online-Formate, zuweilen Plakate, Banner, Postkarten und Anstecker sowie eine gemeinsame Homepage umfasst.
Ihren Ausgangspunkt hatte die Initiative, die gemeinsam von Evangelischer und Katholischer Kirche entwickelt wurde, in Sachsen. Nach einem Jahr mit wichtigen Europa-, Kommunal- und Landtagswahlen, bei denen dort die Frage nach dem Wert der Demokratie ein zentrales Thema war, wird die Kampagne zur Bundestagswahl im kommenden Jahr nun bundesweit ausgerollt. Zahlreiche Landeskirchen, Bistümer und weitere kirchliche Partner unterstützen die Kampagne.
In den vergangenen Tagen sorgte der Fünf-Punkte-Plan und die gemeinsame Abstimmung von CDU/CSU mit der AfD für eine verschärfte Migrationspolitik für Kritik, auch seitens der Landeskirchen. „Es war für mich bisher unvorstellbar, dass demokratische Parteien im Bundestag wissentlich und bewusst gemeinsame Beschlüsse mit einer Partei fassen, die der extremen Rechten zuzuordnen ist, zumindest aber vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall geführt wird“, sagte Dietmar Arends, Landessuperintendent der Lippischen Landeskirche. „Dieses hat der Demokratie bereits jetzt schweren Schaden zugefügt. Dass dies geschieht in einem Jahr, in dem wir uns an das Ende der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland vor 80 Jahren erinnern, macht es noch unerträglicher.“ Er befürchtet weitere Tabubrüche.
Auch inhaltlich kritisierte Arends den Plan der CDU/CSU-Fraktion: „Die Verschärfungen würden eine massive Abschottung bedeuten und die Solidarität mit Flüchtenden in der Welt aufkündigen. Unsere jüdisch-christliche Tradition erinnert uns immer neu daran, dass wir eine Verantwortung für die Menschen haben, die in besonderer Weise auf die Solidarität anderer angewiesen sind.“
Unionspolitiker kritisierten das Vorgehen der Kirchen teilweise. Hessens Ministerpräsident Boris Rhein etwa verteidigte Friedrich Merz: „Ich kann nicht verstehen, warum sich die Kirchen überhaupt gegen die letzte verbliebene, sich klar zum Christentum bekennende politische Kraft aussprechen.“
Vertreter*innen der Landeskirchen allerdings betonten die Bedeutung der Vorfälle aus christlicher Sicht. Susanne Bei der Wieden, Kirchenpräsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche, schrieb in drei Thesen, warum Kirchen Stellung beziehen: Nächstenliebe, Mitmenschlichkeit und Menschenwürde seien „christliche Grundwerte“, die auch in der reformierten Kirchenordnung verankert seien. „Die Bibel und auch die Geschichte unserer reformierten Gemeinden legen uns den Schutz heimatloser und geflüchteter Menschen besonders ans Herz.“
Auch das internationale Völkerrecht, die Genfer Flüchtlingskonvention und die europäische Menschenrechtskonvention ebenso wie das Grundgesetz fußten „auf christlichen Grundwerten“. Die „bittere Erfahrung des Versagens der Kirchen in der NS-Zeit“ gebiete es außerdem, die Demokratie zu schützen und zu verteidigen, so Bei der Wieden. „Wir wenden uns gegen eine völkische, Menschen ausgrenzende Politik von Parteien, die in Teilen als gesichert rechtsextrem gelten.“
Auch Bischof Christian Stäblein, Flüchtlingsbeauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland, äußerte in einem Gespräch mit epd (zitiert von EKMD) sein „Entsetzen“. Art und Ton der Debatte seien niemandem gerecht geworden. „Weder jenen, die in Sorge und Angst nach den schrecklichen Ereignissen in Aschaffenburg und Solingen nach angemessenen, sachgerechten Antworten suchen. Noch jenen, die in existenzieller Not ihren Weg zu uns gefunden haben und sich auf ein menschliches Gesicht dieser Gesellschaft verlassen.“
Ulf Schlüter, Theologischer Vizepräsident und kommissarischer Leiter der EKvW, kritisierte, dass die der Unionsfraktion zur Abstimmung gegebene Gesetzesänderung die Probleme nicht gelöst hätte. Die Attentate von Aschaffenburg und Magdeburg seien „offenbar von psychisch erkrankten Menschen verübt worden. Nach jetzigem Kenntnisstand wäre keine der Taten durch die Gesetzesänderung verhindert worden, vielmehr offenbaren sie schwerwiegende Mängel in der Zusammenarbeit verschiedener Behörden.“
Dass der Gesetzentwurf den Familiennachzug zu Personen mit subsidiärem Schutz bis auf Weiteres aussetzen wolle, sei „mit dem Gebot einer humanitär orientierten Migrationspolitik nicht zu vereinbaren“. so Schlüter. „Der besondere Schutz der Familie zählt nicht umsonst zu den im Grundgesetz dem Staat unbedingt aufgetragenen Pflichten. Dieser Schutz der Familie gilt auch für Menschen, die auf der Flucht vor tödlicher Gefahr nach Deutschland gekommen sind.“
Thorsten Latzel, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, fasste seine Sorgen zur aktuellen Debatte in sieben Geboten „für politischen Anstand im Wahlkampf" zusammen. Er betonte darin die Bedeutung von Humanität, Gerechtigkeit und Frieden: „Es geht um mehr als nur um uns. Entscheide verantwortlich und nachhaltig.“ Latzel forderte einen Wahlkampf ohne Hetze, Hass, Fake News und Diffamierungen.
Quellen: EKvW/EKir/ErK/EKMD