BERLIN/WESTFALEN - Der am Montag (30.5.) vorgelegte Abschlussbericht der Ethik-Kommission „Sichere Energieversorgung“ ist in der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) in vielen Punkten auf Zustimmung gestoßen, in manchen Aussagen aber auch auf Kritik. Präses Alfred Buß begrüßte in einer ersten Stellungnahme die klare Position des Ethikrates zum unumkehrbaren Ende der Kernenergie und zu einem klimafreundlichen Umbau der Energieversorgung. Allerdings sei das Ausstiegsdatum aus der Atomkraft mit spätestens 2021 sehr spät angesetzt, so der leitende Theologe der westfälischen Landeskirche.
Auch fehle ein eindeutiges Bekenntnis zu einem verschärften Klimaschutzziel der Europäischen Union, 30 Prozent Treibhausgase bis 2020 einzusparen. Positiv vermerkte Buß: „Die Energiewende wird als Modell dargestellt, das technisch machbar ist, sozialverträglich gestaltet werden kann und wirtschaftlich viele Chancen bietet.“ Der Umweltbeauftragte Klaus Breyer ergänzt: „Positiv ist auch, dass die Ethik-Kommission dem Erdgas gegenüber der Kohle zur Überbrückung den klaren Vorzug einräumt.“ Erdgas sei der klimafreundlichste fossile Energieträger und für den Übergangszeitraum sicher verfügbar, heißt es in dem Bericht.
In diesem Sinne begrüßt der Umweltexperte auch, dass nur noch planungsrechtlich zugelassene und im Bau befindliche Kohlekraftwerke ans Netz gebracht werden sollen. Zustimmung findet auch der Hinweis darauf, dass die Kosten für den Ausstieg denen einer nuklearen Katastrophe gegenübergestellt werden: „Diese Kosten würden alle für die Energiewende in Deutschland zu erwartenden Kosten übersteigen.“
Breyer, der das Institut für Kirche und Gesellschaft der EKvW leitet, kritisiert aber das Fehlen eines verbindlichen Zeitplanes mit Enddatum für jedes Kraftwerk. Die Kommission schlägt vor, dass die Stilllegung der Kernkraftwerke sich „nach ihrem verbleibenden Risiko und ihrer Bedeutung im regionalen Stromnetz“ richten sollte. Das sei zu unklar und zu unverbindlich, so Klaus Breyer.
Der Bericht betont, dass Stromverteilungssysteme der Daseinsvorsorge dienen und nicht nur unter dem Blickwinkel der Marktliberalisierung und des privatwirtschaftlichen Zugangs zu sehen seien. „Gut, dass dies erkannt wurde: Der Staat hat die Aufgabe, für das Wohl seiner Bürgerinnen und Bürger und damit für ein stabiles Versorgungssystem zu sorgen – er darf die Netze nicht zum Spekulationsobjekt werden lassen“, erklärte dazu Präses Buß.
Die westfälische Landeskirche hat seit 1986 immer wieder nachdrücklich gegen die Nutzung von Atomkraft Stellung bezogen. Das Unglück von Fukushima, erklärte Präses Buß im März 2011, „führt uns die katastrophale Überheblichkeit vor Augen, die menschliche Selbstüberschätzung, die davon ausging, das tödliche Risiko könne kontrolliert werden.“