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Wie Weihnachten und Ostern zusammen
500 Jahre Reformation in Hessen-Nassau
Hunderttausende Menschen haben in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) den 500. Reformationstag begangen. Vor vielen evangelischen Kirchen bildeten sich am Dienstag lange Warteschlangen. Vielfach fanden die Gäste keinen Platz mehr in den evangelischen Gottesdiensten und Veranstaltungen zum Reformationsjubiläum. Als Ausgangspunkt der Reformation gilt die Veröffentlichung von Martin Luthers 95 Thesen am 31. Oktober 1517 in Wittenberg.
Perlenkette von Veranstaltungen
Manche evangelischen Gemeinden seien sich in den vergangenen Tagen vorgekommen, als ob „Weihnachten und Ostern zusammenfällt“, sagte der hessen-nassauische Pressesprecher Volker Rahn. „Mit einem solch hohen Interesse zum 500. Jahrestag der Reformation hat kaum einer gerechnet“, so Rahn. Zugleich bedauerte er, dass wegen des großen Andrangs viele Menschen nicht in die gewünschten Veranstaltungen gekommen seien. „Die Reformation ist am 31. Oktober 2017 nicht vorbei und ich bin sicher, dass die evangelische Kirche auch im 501. Jahr vieles anbietet, der Reformation neu zu begegnen“, tröstet Rahn. Er verwies etwa auf eine „Perlenkette von Ereignissen rund um die Reformation“ wie den Wormser Reichstag von 1521, die nun als besondere Jubiläen bevorständen.
Viele fanden keinen Platz
Bereits am Sonntag hatten beim offiziellen Festgottesdienst zur Reformation in Hessen in der Marburger Elisabethkirche zahlreiche Besucherinnen und Besucher keinen Platz mehr gefunden und mussten zur Gottesdienstübertragung in die ebenfalls überfüllte Michaeliskapelle ausweichen. Die Feier wurde auch im Fernsehprogramm des Hessischen Rundfunks übertragen. Zur Nacht der Reformation für Hessen-Nassau am Dienstagabend in Wiesbaden kamen über 1.700 Besucherinnen und Besucher in die Lutherkirche. Rund 200 von ihnen mussten in das eigens bereitgestellte Zelt zu einer Außenübertragung und den Luthersaal der Gemeinde ausweichen. Die nächtliche Lichtperformance des Künstlers Jürgen Scheible an der Außenfassade der Lutherkirche sahen mindestens 600 Menschen.
Tausende beim Tischmahl
Am Dienstagmorgen zeigte sich auch die Frankfurter Katharinenkirche mit der zentralen Feier für die Mainmetropole mit 800 Gästen an der Kapazitätsgrenze. Es bildete sich eine hunderte Meter lange Schlange quer über die Hauptwache. Viele Besucherinnen und Besucher mussten abgewiesen werden. Gleichzeitig feierten in Mainz Tausende ein Tischmahl in der Tradition Martin Luthers unter freiem Himmel. Bereits seit Wochen war das ökumenische Reformationsfest für Darmstadt ausgebucht, für das Einlasskarten ausgegeben wurden.
Bleibende Bedeutung der reformatorischen Entdeckung
Anlässlich des 500. Reformationstags am 31. Oktober hatte der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung bereits am Montagabend auf die bleibende Bedeutung der reformatorischen Entdeckung hingewiesen. Nach Worten Jungs hat Martin Luther vor einem halben Jahrtausend Gott neu als einen „liebenden Gott“ entdeckt, sagte er am Montageband im Gottesdienst zur „Nacht der Reformation“ in Wiesbaden. Liebe sei die entscheidende Verbindung zwischen Mensch und Gott. Jung: „Das Wichtigste im Leben können wir nicht machen. Wir leben davon, dass Liebe uns ins Leben führt und im Leben trägt. Diese Liebe verbindet uns mit Gott. Und diese Liebe macht Menschen stark.“ Dies zu glauben, entlaste auch von der Sorge, sich alles erarbeiten zu müssen.
Als Christinnen und Christen hellwach bleiben
Diese Einsicht mache zugleich Menschen im Inneren frei, so Jung. Dies sei einer der Gründe gewesen, warum Luther den Mut gefasst hätte, die damaligen Autoritäten massiv in Frage zu stellen. Heute gehe es darum, das „hohe Gut der Freiheit nicht aufs Spiel zu setzen“. Auch politische Freiheit sei nicht selbstverständlich, sagte er. Jung: „Wenn wir schauen, wie schnell politische Freiheit verspielt werden kann, weil Autokraten an der Macht sind, dann muss uns das hellwach machen. Es ist gut, wenn wir als Christinnen und Christen dafür eintreten, dass Menschen in Freiheit und Verantwortung miteinander leben.“
Hinter die Feiern einen Doppelpunkt setzen
Deshalb ist es nach Ansicht des Kirchenpräsidenten auch wichtig, das 500. Reformationsjubiläum 2017 mit einem „Doppelunkt“ und nicht mit einem Punkt zu beenden. Jung: „Martin Luther hat Gott neu entdeckt - für sich selbst, die Kirche und diese Welt als Kraft zum Leben. Wir haben gesagt. Wir setzen nach dem Reformationsjubiläum keinen Punkt, sondern einen Doppelpunkt. Warum? Weil wir und diese Welt immer wieder neu brauchen, was Gott uns schenkt: Freiheit, Liebe und Vertrauen“.
Reformationsjubiläum stärkt Ökumene
Der Präses der hessen-nassauischen Kirche, Ulrich Oelschläger, sagte am Montagabend im Festgottesdienst, dass sich das 500. Jahr der Reformation als „echtes Beteiligungsjubiläum“ erweisen habe. Rund 10.000 Veranstaltungen hätten in Gemeinden und Einrichtungen allein in Hessen-Nassau stattgefunden. Vor Ort seien viele neue Verbindungen entstanden, zum Beispiel mit Kultureinrichtungen oder Kommunen. Vor allem sei die Reformation in diesem Jahr an vielen Orten ökumenisch gefeiert worden. „Das und vieles andere macht Hoffnung auf mehr“, so Oelschläger.
Evangelische Kirche in Hessen und Nassau